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Am Beispiel Mary Seacole

Care-Arbeit, Geschichtskultur & Aufmerksamkeitsökonomie feat. Performance BERRY BROWN FACES

01.12.23

Haus der Universität, Schadowplatz 14, Düsseldorf

Eintritt frei, die Plätze sind begrenzt. Wir bitten um Anmeldung über: 0211 81 10345 oder .

Einlass um 18:45

Die Biografie der 1805 in Jamaika geborenen und 1881 in London gestorbenen Mary Seacole ist in hohem Maße unkonventionell. Als Betreiberin des British Hotel im Krimkrieg von Kriegsveteranen verehrt, hat sie heute vielerorts Florence Nightingale den Rang abgelaufen und wurde zur Ikone der Schwarzen Geschichte nicht nur in der Geschichtskultur Jamaikas, sondern auch derjenigen Großbritanniens. Dies ist eine jüngere Entwicklung, denn obwohl Seacoles Erfahrungen und Einstellungen zur Pflege und Fürsorge seit 1857 in ihrem autobiografischen Bericht Wonderful Adventures of Mary Seacole vorliegen, ist sie für lange Zeit in Vergessenheit geraten – ein Schicksal, das sie mit zahlreichen anderen Frauen teilt. Heute hat sie vielerorts Florence Nightingale den Rang abgelaufen. In der multimedialen Performance BERRY BROWN FACES, dem ersten Teil einer Reihe von fiktiven Begegnungen zwischen historischen Pionierinnen, trifft sie auf Julia da Silva, die brasilianische Mutter von Heinrich und Thomas Mann. Julia Mann hatte einen erheblichen Einfluss auf das Werk der beiden Schriftsteller. Ihre den fünf Kindern gewidmete Erzählung Aus Dodos Kindheit ist Zeugnis der eigenen Identitätswerdung zwischen zwei Kulturen.

Im Anschluss an die ca. 30-minütige Performance diskutieren wir in einem interdisziplinären Podium über prekäre Care-Arbeit, die Akquise von internationalen Pflegekräften und (fast) vergessene weibliche Pionierinnen. Wir fragen: Wie kommt es, dass die gesellschaftlich wichtige Arbeit der Pflege und Fürsorge so wenig Aufmerksamkeit erhält? Wo sind die Erzählungen und Erfahrungsberichte? Aus welchen Archiven lässt sich hier schöpfen – und gibt es diese Archive überhaupt? Welche Rolle spielen Geschlecht und transkulturelle Erfahrungen in diesen (aufmerksamkeits-)ökonomischen Zusammenhängen?

Die Veranstaltung wird gefördert durch die Bürgeruniversität der HHU, die Kunststiftung NRW, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes NRW und das NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste.

 

Künstlerisch Beteiligte:

Mariana Senne, geboren in São Paulo, Brasilien, ist eine in Berlin lebende Theatermacherin und Performerin, die in ihrer aktuellen Arbeit interkulturelle theatrale Praktiken erforscht und neue Formen der Inszenierung entwickelt, mit einem Schwerpunkt auf feministischen Themen. Sie war Mitglied und Mitbegründerin einer der innovativsten Theatergruppen in Brasilien, der Cia. São Jorge de Variedades. An der Universität der Künste in Amsterdam absolvierte sie den Masterstudiengang "DAS Theatre" und forschte als DAAD-Stipendiatin an der Universität Hildesheim. Als Performerin arbeitet sie mit Kollektiven und Regisseur:innen insbesondere der Freien Szene zusammen.

Azizè Flittner wurde in New York geboren und wuchs in Deutschland, Russland und Burundi auf. Nach ihrem Abitur studierte sie Vergleichende Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte, bevor sie in Ulm ihre Schauspielausbildung absolvierte. Im Anschluss an die Abschlussprüfung ging sie für zwei Jahre ins Festengagement am Stadttheater Konstanz. Seit 2006 lebt sie in ihrer Wahlheimat Köln und hat an Theatern in Braunschweig, Aachen, Nürnberg und Essen gespielt. Darüber hinaus erarbeitet sie eigene Projekte und gewann 2022 gemeinsam mit Karin Frommhagen den Kurt-Hackenberg-Preis für die Performance „COLONIA ON EIS“. Ihr Roman „Am ersten wirklich heißen Tag des Jahres“ erschien 2020. Immer wieder steht sie auch für Film und Fernsehen vor der Kamera, zuletzt in dem Film „Die Beste zum Schluss“,  der ab Frühjahr 2024 in der ARD/Degeto zu sehen sein wird.

Francisco Bernardi ist Schüler und lebt in Düsseldorf.

Friederike Felbeck ist eine international tätige Regisseurin und Autorin mit Schwerpunkt experimentelles Musiktheater. Sie entwickelt mehrsprachige, transkulturelle und zumeist ortsspezifische Performances. In Düsseldorf sind zahlreiche Signature Plays entstanden, die Werk und Wirken der Dichterin Rose Ausländer und der Komponistin Clara Schumann neu kontextualisieren. Derzeit in Vorbereitung ist, gemeinsam mit der ukrainischen Komponistin Alla Zagaykevych, die Uraufführung einer Kammeroper zur Situation osteuropäischer Pflegekräfte in Deutschland.

 

Es diskutieren:

Regina Schober ist Professorin für Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaft an der HHU Düsseldorf und Mitglied des Centre for Translation Studies. Sie ist Autorin des kürzlich erschienenen Buchs 'Spiderweb, Labyrinth, Tightrope Walk: Networks in American Literature and Culture'. Derzeitige Forschungsschwerpunkte umfassen die Schnittstelle zwischen Literatur und digitalen Medien, Theorien des Scheiterns und digitale Care-Ethik.

Yagmur Karakis ist Historikerin und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bereich Globalgeschichte an der HHU Düsseldorf und an der Universität zu Köln. An der HHU promoviert sie über „Forschungsreisen nach Kamerun 1911-13 als koloniale Kontexte“ und ist verantwortliche Mitarbeiterin am vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Projekt zum gleichen Thema (2022-24). Sie ist Initiatorin von Düsseldorf postkolonial und aktiv im Netzwerk AG RheinlandGlobal.

Ana Kreter ist Brasilianerin und lebt seit 12 Jahren in Deutschland. Die promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin hat ihre Leidenschaft für die Landwirtschaft in eine berufliche Perspektive verwandelt. Aktuell koordiniert sie das Projekt Agroforst Reallabor im Zentrum für Forschung, Innovation und Transfer an der Hochschule Rhein-Waal, wo sie die drei Säulen der Nachhaltigkeit in ihre Forschung am Niederrhein integriert, wobei mehrere gesellschaftliche Akteure im Mittelpunkt stehen.

 

Moderation:

Eva Ulrike Pirker ist Professorin für Englische und Vergleichende Literatur an der VUB (Brüssel) und assoziiertes Mitglied des CTS. In ihren Forschungen befasst sie sich mit den Wechselwirkungen gesellschaftlicher Narrative und literarisch-künstlerischer Formen, aktuell im EU-geförderten Projekt Meritocracy and Literature: Transcultural Approaches to Hegemonic Forms, das unter anderem Reiseberichte sog. ‚self-made women‘ untersucht. 

Verantwortlichkeit: