Zum Inhalt springenZur Suche springen

Keynote

“Ultrabelgisch mit dem Eifer der Konvertiten, aber kulturell sehr deutsch”: Publishing and translation in Eastern Belgium

Luc van Doorslaer

This presentation investigates the small territory of German-language Belgium from the perspective of publishing and (non-)translation flows. Ostbelgien consists of two pieces of land with some 80,000 inhabitants, annexed by Belgium only in 1920 as a result of the Versailles treaty after the First World War. Its linguistic, political and geographical situation is peculiar: although the German-language community belongs to the largest mother-tongue group of the European Union (some 100 million German speakers), at the same time it builds a tiny language minority at the Belgian state level. Since 1970, German is one of the three official languages in Belgium.

As such, Ostbelgien is an interestingly hybrid case of majority and minority publishing. The presentation zooms in on two publishing houses coping with this particular situation. The Grenz-Echo Verlag covers a broader field, combining newspapers and magazines with fiction. On the other hand, the publishing house Pabst & Pesch functionalizes the minority situation by focusing on literary translation and (mainly) on exchange with Catalonia.

Border-crossing and hybridity are fruitful topics in translation studies (and similar) research, in particular when connected to concepts such as contact or translation zones. In the daily professional practice of the publishers, however, the hybridity is experienced rather as an obstruction. For obvious economic reasons, but also because of the cultural and political context, described by one of the publishers as “die geringe Präsenz und der geringe Wert von Kultur im deutschsprachigen Raum in Belgien”.

Despite the reality of politically belonging to the Belgian state, both publishers did not consider the idea of enlarging their market westward, that is, toward the two other language communities in Belgium.  Instead, the state borders were easily crossed eastward, towards Germany. On the one hand, this illustrates the easiness of border-crossing, on the other, it confirms that publishing, literature and translation are primarily perceived as language-bound. This finding will also be related to the use of the concept “belgische Literatur” in this colloquium.

 

Deutsche Übersetzung des Abstracts:

"Ultrabelgisch mit dem Eifer der Konvertiten, aber kulturell sehr deutsch": Publikation und Translation in Ostbelgien

Dieser Vortrag untersucht das kleine Territorium des deutschsprachigen Belgiens unter dem Gesichtspunkt der Publikations- und ggf. vorhandenen Translationsströme. Ostbelgien besteht aus zwei Landstrichen mit etwa 80.000 Einwohnern, die erst 1920 infolge des Versailler Vertrags nach dem Ersten Weltkrieg von Belgien annektiert wurden. Seine sprachliche, politische und geografische Situation ist speziell: Obwohl die deutschsprachige Gemeinschaft zur größten muttersprachlichen Gruppe der Europäischen Union gehört (etwa 100 Millionen Deutschsprachige), bildet sie gleichzeitig eine winzige sprachliche Minderheit auf belgischer Staatsebene. Seit 1970 ist Deutsch eine der drei offiziellen Sprachen in Belgien.

Ostbelgien ist somit ein interessanter Mischfall der Mehrheits- und Minderheitspublikation. In diesem Vortrag werden zwei Verlage in den Fokus gerückt, die sich mit dieser besonderen Situation auseinandersetzen. So deckt der Grenz-Echo Verlag ein breiteres Feld ab und kombiniert Zeitungen und Zeitschriften mit Belletristik. Der Verlag Pabst & Pesch hingegen funktionalisiert die Minderheitssituation, indem er sich auf literarische Übersetzungen und (hauptsächlich) auf den Austausch mit Katalonien konzentriert.

Das Überschreiten von Grenzen und Hybridität stellen für die Translationswissenschaft und benachbarte Forschungsgebiete produktive Themen dar, insbesondere in Verbindung mit Konzepten wie Kontakt- oder Translationszonen. In der täglichen Berufspraxis der Verleger jedoch wird die Hybridität eher als hinderlich erlebt; aus offensichtlichen wirtschaftlichen Gründen, aber auch in Anbetracht des kulturellen und politischen Kontextes, den einer der Verleger als „die geringe Präsenz und de[n] geringe[n] Wert von Kultur im deutschsprachigen Raum in Belgien“ beschreibt.

Trotz der politischen Zugehörigkeit zum belgischen Staat kam es beiden Verlagen nicht in den Sinn, ihren Markt nach Westen, also in Richtung der beiden anderen Sprachgemeinschaften in Belgien, auszudehnen. Stattdessen wurden einfach die Staatsgrenzen nach Osten, nach Deutschland, überschritten. Dies verdeutlicht zum einen die Leichtigkeit des Grenzübertritts, zum anderen bestätigt sich, dass Verlagswesen, Literatur und Übersetzung in erster Linie als sprachgebunden wahrgenommen werden. Dieser Befund wird auch zur Verwendung des Begriffs "belgische Literatur" in diesem Kolloquium in Relation gesetzt werden.

(Vortrag in englischer Sprache)

Verantwortlichkeit: