Zum Inhalt springen Zur Suche springen

Wissenschaftliche Profilbereiche

Im Kontext von Kolonialismus, historischen Migrationsbewegungen, Translokation und Exil spielen Übersetzungsprozesse systematisch und historisch eine herausragende Rolle für den Transfer von Sprachen und Wissen. Der Profilbereich interessiert sich für Übersetzungsprozesse als Form des Wissenstransfers, die als Motor epistemischer und normativer Neuerung bzw. kultureller Veranderung fungiert und gleichzeitig Fragen nach Übersetzungswiderständen, Übersetzungsmonopolen und -privilegien aufruft.

Der Profilbereich trägt der Relevanz von Sprachkontakten sowie Mehr- bzw. Vielsprachigkeit in ihrer historischen und kulturellen Diversität Rechnung. Er untersucht Sprachkontakte sowohl als linguistisches Phänomen als auch als literarische Figuration, die plurale Weltzugänge eröffnen und interkulturelle Verbindungslinien auslotet. Sprachkontakte, Kreolisierung und Multilingualismus geben Anlass, herkömmliche Konzepte von "Nationalsprachen", "Monolingualismus" und "Sprachbesitz" im Kontext oftmals ungleicher transkultureller Austauschprozesse zu hinterfragen. Zugleich laden sie dazu ein, die Rolle von interlingualen Übersetzungen als Praxis der Konnektivität und Grenzziehung zwischen Sprachen zu untersuchen und die konstitutive Übersetztheit von Sprache zu erforschen.

Der Profilbereich erforscht die Zirkulation von Medien in transkulturellen Konstellationen und akzentuiert die Transformationsprozesse, die die Übersetzung von Medien in distinkte lokale Kontexte initiieren. Übersetzung wird hier – im Einklang mit den Post-Translation Studies – als vielschichtige Praxis konzipiert, die den Austausch zwischen Sprachen, Kulturen und Medien umfasst. Die Translationsforschung wird in diesem Profilbereich um Konzepte der Inter- und Transmedialität, der Remediation und Adaption ergänzt, die auf ihr raum-zeitliches Vernetzungspotential hin befragt werden. Besonderem Interesse gelten Digitalisierungsphänomenen und der Machine Translation, die nicht nur neuartige Distributions-, Vernetzungs- und Archivierungsformen bieten, sondern die die Kulturtechniken der Übersetzung, des Schreibens und Lesens grundlegend ändern. 

Der Profilbereich widmet sich Formen, Herausforderungen und Möglichkeiten der Digitalen Übersetzung an der Schnittstelle von Mensch-Maschine Interaktionen. Das Interesse an technischen Möglichkeiten und konkreten Realisierungsformen der digitalen Übersetzung verbindet sich mit posthumanistischen Reflexionen der Agentialität von Maschinen. Soziopolitische und ethische Fragen nach dem Umgang mit Differenz und der durch Übersetzungen konstituierten Relationalität zwischen Sprachen, Gruppen und Traditionen werden in diesem Bereich um technische Differenzerfahrungen und -verfahren erweitert. Die mit der Digitalen Übersetzung verbundenen Prozesse der Entgrenzung, Zirkulation und Deterritorialisierung sprachlicher Information bieten Anlass, Formen der sozialen Netzwerkbildung aus prozessontologischer Perspektive zu erforschen.

Die Untersuchung von Erinnerungsprozessen aus der Perspektive der Übersetzungsforschung bringt transkulturelle Verflechtungen und Multidirektionalität (Rothberg) auch von identitär angelegten Vergangenheitsdeutungen zum Vorschein. Übersetzungsprozesse können sich als multiple temporale, sprachliche und lokale Verflechtungen in Texte, Artefakte und Gemeinschaften einschreiben und polyzentrische Erinnerungsräume schaffen, die Vorannahmen von identitätsstabilisierender Authentizität der Erinnerung und Strukturen hegemonialer Deutungsmacht hinterfragen. Der Profilbereich ermöglicht neue, dezentralisierte Annäherungen an historische Konstellationen, Gruppen und mediale Artefakte, die Vorstellungen von kultureller Homogenität und lokaler Stabilität entgrenzen. Er sensibilisiert für das je schon Übersetztsein von Erinnerung, Kultur und Identität.